Am 7. Dezember verstarb der pfingstkirchliche Prediger und Evangelist Reinhard Bonnke. In den sozialen Medien überschlugen sich schnell die Hymnen auf den 79-jährigen. Als später Seiten wie Pro, Idea oder Jesus.de auch ein paar kritische Töne anschlugen, war der Ärger da. Nun ist es immer schwierig, Menschen angemessen zu beurteilen – wer kann das schon? Doch eines ist klar: Gerade solche, die die Öffentlichkeit suchen, werden auch öffentlich diskutiert. Das ist einfach so. Und aus christlicher Perspektive kann man eigentlich auch an Hofberichtserstattung und dem Abfassen von Heiligenlegenden kein Interesse haben. Jeder Mensch hat Schattenseiten, die auch benannt werden dürfen. Das bedeutet im Umkehrschluss natürlich nicht, dass eine öffentliche Kritik als gottgegeben hingenommen werden muss. Gerade Bonnke wurde gerne in den Medien für Sachverhalte kritisiert, die eigentlich nur christlich zu nennen sind.
Nun war Reinhard Bonnke ohne Frage eine besondere Erscheinung. In Teilen Afrikas war er wohl das, was laut der renommierten Christianity Today ein Billy Graham in den USA war. Und das ist wirklich etwas Großes. Seltsamerweise erhielt er aber diese Resonanz zu keiner Zeit in Deutschland. Im Raum der Landeskirchen fand er so gut wie gar keine Anerkennung. Und auch in den evangelischen Freikirchen wurde er lediglich in der Pfingstbewegung geschätzt. Warum bloß? Stimmt hier die Erfahrung, dass ein Prophet in seiner Heimat eben nichts gilt? Das wäre zu einfach. Ich denke, sein mangelndes Echo hatte einen einfachen Grund: Es lag – um es ganz vorsichtig zu sagen – in seinem gewöhnungsbedürftigen Auftritt, den er jahrelang pflegte. So erinnere ich mich gut, wie ich als Student eine seiner Konferenzen besuchte. Das war nicht nur etwas eigen oder ein bisschen fremd, das war einfach schräg. Wer sich heute bei Youtube umsieht, wird noch alte Videos von seinen Eurofire-Konferenzen finden. Kein Wunder, dass die bei uns nicht zündeten.
Viel später begegnete ich auch einem anderen Reinhard Bonnke. So sah ich kürzlich Ausschnitte von seiner Evangelisation im Mai 2019 in der Hamburger Sporthalle. Und ich war wirklich angetan! Natürlich besaßen die Veranstaltung und sein Auftreten ein stark pentekostales Flair. Wer das nicht mag oder es nicht ausblenden kann, wird sich schwertun, Bonnke zu würdigen. Aber ohne Zweifel war da ein anderer, neuer Mann als ich ihn vor 30 Jahren erlebt hatte. In seiner Predigt war er eindeutig, in der Perfomance lebendig, in seiner Ausstrahlung überzeugend – mir gefiel er gut. Wie diese Wandlung zu erklären ist, vermag ich nicht zu sagen. Doch das weiß ich: Wenn wir nur etwas von seinem Elan hätten und weitergeben könnten, wäre uns sehr geholfen. Reinhard Bonnke hat seinen Marathon nun vollendet, möge es uns ebenso gelingen.
Zum Weiterlesen: Gerhard Bially, Art. Bonnke, Reinhard, in: Heinz-Peter Hempelmann, Uwe Swarat et. al. (Hg.), Evangelisches Lexikon für Theologie und Gemeinde. Neuausgabe, Band 1, Holzgerlingen 2017, 997-998.