In unseren Breitengraden wird der Beginn der Reformation mit dem 31. Oktober 1517 angesetzt. Also mit dem Tag, an dem Luther wahrscheinlich seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche hämmerte. Die Veröffentlichung solcher Thesen war damals das übliche Verfahren, um akademische Debatten zu eröffnen. In Deutschland oft unbeachtet ist dagegen, dass die Schweizer die Reformation mit einem Wurstessen begannen. Am 9. März 1522, also zu Beginn der Fastenzeit, trafen sich im Haus des Druckers Christoph Froschauer mehrere Züricher Bürger. Demonstrativ verzehrten sie ein paar Rauchwürste, um so gegen die mittelalterlichen Fastenvorschriften zu opponieren. Unter ihnen war auch Ulrich Zwingli, der aber erstmal nur zusah. Stattdessen predigte er sogleich über den Gegenstand und veröffentlichte noch vor Ostern seine Schrift „Vom Erkiesen und Fryheit der Spysen“. Nun war der Dissens öffentlich und das Wurstessen fand viele Nachahmer. In Basel kam es gar zu einem Spanferkelessen. Ohne das eine Ereignis mit dem anderen vergleichen zu wollen, hat die helvetische Variante doch auch einiges für sich.
Zum Weiterlesen: Volker Leppin, Wie reformatorisch war die Reformation?, in: ZThK 99 (Juni 2002), 162-176.